Hessisch-Niedersächsische Allgemeine (HNA)

HNA

Donnerstag, 2. Januar 1997

J.O. SIMON

Der "sehr gut ausgefüllte Lottoschein"

Dr. Ulrich Simon veröffentlichte vor wenigen Wochen seine Debüt-CD. Die Produktion war laut dem Schwälmer vor allem "ein schöner Zeitvertreib".

SCHWALMSTADT - Nein, ein musikalisches Denkmal habe er sich nicht setzen wollen, sagt Dr. Ulrich Simon (42). Intension der im tomatenroten, mit einem Karpfen geschmückten, schützenden Plastikquadrat schlummernden CD sei vielmehr, seine Musik gewissermaßen jederzeit hörbar zu machen. Aber auch "weil man meint, gut genug zu sein", hat Simon, aus Treysa stammender promovierter Philosoph und hauptberuflich Banker unter dem englisch auszusprechenden Namen J.O. Simon jüngst seine erste CD produziert. Ihr Titel: "Little Lies for Everyone (Kleine Lügen für jedermann)"

Simons musikalische Anfänge reichen in seine Teenagerzeit zurück. Sowohl an Gitarre, Baß, Klavier und Keyboards als auch mit seiner Stimme probierte er sich in verschiedenen Bands aus, darunter "The Hurricanes" und nach seinem Umzug nach Schöneck bei Frankfurt/Main die Gruppe "The Rolling Bones". Letztere Band habe semiprofessionelle Ansätze gehabt  inklusive diverser Auftritte bei Festivals und einer eingeschworenen Fangemeinde. Das Kapital, aus dem Simon und sein künstlerischer Partner, Alain François für das CD-Debüt schöpften aber stamme nicht aus diesem Projekt, sondern aus einem in den zurückliegenden Jahren geschaffenen "Fundus" Simons mit "Schätzen" von Kompositionen, Texten, Geistesblitzen und kreativen Schnipseln.

"Richtig produziert"

Nachdem aus der Fanecke immer wieder die Aufforderung laut wurde, erzählt François, auch für Simon-Musik für den häuslichen CD-Player zu sorgen, sei das "Wasser auf unsere Mühlen" gewesen: Das Projekt "Little Lies for Everyone" wurde geboren. Da Simon nicht nur Musiker ist, sondern auch "Technikfreak" mit einem eigenen, kleinen Studio, konnte die CD auf eigene Kosten eingespielt und etwa 1500mal gepreßt werden. Und zwar  im Vergleich zu Band-Vorläufern "mal richtig ordentlich produziert", unter Inanspruchnahme der Dienste eines Masterstudios und so weiter.

Die Produktion habe sich im besonderen zwei Maximen untergeordnet: Die CD sollte Musik tragen, "die nicht vom Zeitgeist bestimmt ist", sondern Stilvielfalt von Blues über Pop bis, hin zu Reggae und Jazz. Und: einen gewissen Perfektionismus widerspiegeln  der von der Korrektheit der englischen Texte bis hin zu hohen technischen Ansprüchen an die Abmischung reiche. Der erste Simon-François-Leitsatz freilich sei eher Hindernis für die Vermarktung: Während die beiden Kreativen Wert darauf legen, sich musikalisch "auf keinen Fall festzulegen", bereite bei Vertrieben und Radiostationen alles Probleme, was sich nicht in eine Stil-Schublade einordnen lasse. Aber die "Schwierigkeit der CD'' findet François, "ist auch ihre Unterhaltsamkeit".

Die fruchtbare Zusammenarbeit des Gespanns Simon/François, die ihren Beginn vor etwa zehn Jahren in "künstlerischen Kontakten" fand, beinhalte insbesondere die "Regiearbeit", das "Ausgestalten der Titel" hinsichtlich der stimmlichen Interpretation und Dramaturgie sowie die textliche Kooperation. Ein Teil der Texte stammt aus Simons, ein Teil aus François Feder, andere wurden gemeinsam ausgetüftelt und verfeinert.

Dr. Ulrich Simon hat jüngst unter dem Namen J.O. Simon seine Debüt-CD "Little Lies for Everyone" veröffentlicht. (Foto: Hellwig)

Der grüne Karpfen vom CD-Cover beispielsweise ist die gemalte Phantasie des „Fisches in meinem Badezimmer", laut Presseinfo eine "Miniatur-RockOper über die Illusionen am Morgen". Sowohl "die Technik des allgemeinen Wahnsinns im Umgang mit sich selbst" und mit anderen, introvertierte „allgemeine Versponnenheiten“, Absurditäten aller Arten sind Gegenstand der Texte. Formulierungen, Bilder und Phantasien, „die nicht verstanden werden müssen, sondern vor allem Spaß machen sollen“. Einer Mission gesellschaftspolitischer Art jedenfalls fühlt auch Simon sich nicht verpflichtet. Als „Riesenerfolg“, erzählt das Duo, würden sie werten, wenn sich die Debüt-CD in ihrer Gesamtauflage verkaufte - für einen "Nobody" ein beachtlicher Triumph. Sie begriffen die CD, erklärt François, als "sehr gut und vielversprechend ausgefüllten Lottoschein", dessen Ausfüllen allein enormen Spaß bereitet habe. Dr. Simon würde seinen bürgerlichen Beruf nur aufgeben, wenn er in die Musikbranche wechseln könnte, ohne jemals Existenzsorgen haben zu müssen. Aber auch wenn sie in den Regalen verstauben sollte, so stehe fest, daß „Little Lies for Everyone" nicht die einzige CD bleiben wird. Eine weitere soll womöglich Titel in französisch oder gar deutsch  eine Sprache, die sich allerdings schlecht für die Simonsche Musik eigne – enthalten. Wegen Simons enormen „Fundus“ seien schon 30 Titel in der engeren Wahl. Freilich sei es reiner Luxus, ohne Erfolgsversprechen einen weiteren Versuch starten zu können. Möglich, weil sie sich mit der Produktion nicht „einem materiellen Druck“ aussetzen müssten. Kompromisse eingehen, um zu gefallen, die Musik dem Geschäft anzupassen, kommt für das kreative Gespann nicht in Frage. François: "Entweder die Welt will uns so oder sie will uns nicht.“

Und wenn die Welt "Kleine Lügen für jedermann" nicht will, so stehe eines fest: Was Simon zunächst als "viel Arbeit“ habe zögern lassen, "hat sich als viel Vergnügen herausgestellt". Ein "schöner Zeitvertreib" habe zu einer CD "jenseits aller Geschmacksfragen" geführt. Einer CD mit einem Karpfen vorne drauf. Eine, die sich hören lassen kann. (ell)


Wir verlosen fünfmal J.O.Simons Longplay-CD "Little Lies for Everyone", und zwar an die ersten fünf, die uns am heutigen Donnerstag, 2. Januar 1997, in der Zeit zwischen 17 und 17.30 Uhr anrufen: Tel. 06691/ 961425. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


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